Sabine Zeilinger
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21. Mai 2025

Von Daten zu Taten: Wie die Bildungsverwaltung Zürich aus Zahlen Veränderungen schafft

Sabine Zeilinger
21. Mai 2025
Daten sind für die Bildungsverwaltung ein wichtiges Werkzeug. Doch wie können Daten so genutzt werden, dass daraus fundierte Diskussionen, politische Entscheidungen und konkrete Massnahmen entstehen? Dieser Frage widmete sich Dr. Sybille Bayard, Leiterin der Bildungsplanung der Bildungsdirektion Zürich, im Rahmen eines Webinars der digitalen Impulse von Chance Digitalität.

Wie Sybille Bayard im Webinar erläuterte, stehen Bildungsverwaltungen heute unter zunehmendem Erwartungsdruck, ihr Handeln datenbasiert zu legitimieren. Gleichzeitig bleibt der Umgang mit Daten anspruchsvoll. In vielen Verwaltungen führen die Sorge vor Fehlinterpretationen, Datenschutzbedenken und politischer Druck zu Unsicherheiten und Ambivalenzen, die den konstruktiven Umgang mit Daten bremsen.

Um solche Hürden zu überwinden, skizzierte Bayard vier zentrale Gelingensbedingungen für eine erfolgreiche Datennutzung. Erstens braucht es klare Grundlagen, etwa eine Übersicht der verfügbaren Daten und eine saubere Rechtslage. Zweitens gilt es, Commitment in Verwaltung und Politik zu schaffen, unter anderem durch positive Beispiele und gezielten Kompetenzaufbau. Drittens ist eine verständliche und zielgruppengerechte Kommunikation entscheidend, damit Daten anschlussfähig werden. Und viertens müssen Daten von Beginn an in konkrete Prozesse und Massnahmen überführt werden, wobei der Dialog mit allen relevanten Akteur:innen eine zentrale Rolle spielt.

Wie diese Prinzipien in der Praxis aussehen können, zeigte Bayard am Beispiel der Bildungsdirektion Zürich. Zwei Erfahrungen aus der Verwaltung machen sichtbar, wie Daten zum Ausgangspunkt für politische Diskussionen und Veränderungen werden.

Vertiefungsanalysen ÜGK: Daten, die Handlungsdruck sichtbar machen

Die Überprüfung der Grundkompetenzen (ÜGK) ist ein nationales Assessment, das die Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in verschiedenen Fachbereichen erfasst. 2016 wurde die ÜGK schweizweit erstmals durchgeführt, damals im Fach Mathematik in der 9. Klasse. Der Bericht zeigte, dass Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien im Kanton Zürich schlechter abschnitten als in anderen Kantonen.

Um die Hintergründe besser zu verstehen, initiierte die Bildungsdirektion Zürich gemeinsam mit fünf weiteren Kantonen eine Vertiefungsanalyse. Die Ergebnisse machten deutlich: Die soziale Polarisierung im Kanton Zürich ist besonders stark und wird durch eine ausgeprägte räumliche Segregation weiter verschärft. Schulen sind dadurch im Vergleich zu anderen Kantonen weniger sozial durchmischt, was die Chancengleichheit erheblich erschwert.

Das Beispiel ÜGK zeigt, wie datenbasierte Analysen helfen, Problemlagen sichtbar zu machen und Diskussionen in Verwaltung und Politik anzustossen.

Weitere Informationen dazu: https://www.zh.ch/de/bildung/bil...

Die Ergebnisse haben gezeigt, wie wichtig die bisherigen Massnahmen sind. Sie haben zudem die Diskussion zu weitergehenden Massnahmen lanciert.

Dr. Sybille Bayard

Leiterin Bildungsplanung

Der Kindergartenbericht: Daten als Türöffner für politische Entscheidungen

Ein weiteres Beispiel für die Bedeutung von Datenanalysen ist der Kindergartenbericht des Kantons Zürich. 2017 startete die Bildungsdirektion eine umfassende Situationsanalyse, die bildungsstatistische Daten, Interviews mit Stakeholdern sowie eine externe Studie zu Prozessen im Kindergartenalltag umfasste. Ziel war, den Kindergarten vertieft zu analysieren und aufzuzeigen, wo im Alltag Herausforderungen bestehen, die Verwaltung und Politik adressieren können.

Nach mehreren Jahren intensiver Arbeit wurde 2019 der Bericht veröffentlicht. Kurz darauf folgte eine Lohnerhöhung für Kindergartenlehrpersonen sowie schulische Heilpädagog:innen auf Kindergartenstufe. Der Bericht diente dabei als zentraler Anstoss für den politischen Entscheid.

Dieser Schritt gelang jedoch nicht allein durch die Daten selbst. Erst durch die intensive Begleitung des Prozesses und regelmässige Daten- und Policy-Meetings, in denen Verwaltung, Stakeholder und politische Führung zusammenkamen, konnten gemeinsam Handlungsfelder definiert und Massnahmen vorbereitet werden.

Das Beispiel macht deutlich, wie datenbasierte Analysen über einen langen Zeitraum Impulse für politische Veränderungen setzen können. Voraussetzung dafür ist, dass sie strategisch begleitet und im Dialog mit den relevanten Akteur:innen verankert werden. Welche Erkenntnisse andere Verwaltungen daraus ziehen können, beleuchten wir im nächsten Abschnitt.

Weitere Informationen dazu: https://www.zh.ch/de/bildung/b...

Daten allein verändern nichts. Erst wenn wir sie gemeinsam diskutieren, einordnen und daraus Handlungsfelder ableiten, entsteht daraus Veränderung.

Dr. Sybille Bayard

Leiterin Bildungsplanung

Was andere Verwaltungen daraus mitnehmen können

Zwischen Datensammlung und politischer Massnahme liegt oft ein weiter Weg. Im Webinar zeigte Dr. Sybille Bayard anschaulich, wie dieser in der Praxis gestaltet werden kann: Es braucht Prozesse, Dialog und den gezielten Einbezug aller relevanten Akteur:innen. Entscheidend ist auch der Mut, Daten zugänglich und verständlich aufzubereiten, selbst wenn Unsicherheiten bleiben und politische Diskussionen Zeit kosten. Die Beispiele aus Zürich machen deutlich, dass sich dieser Aufwand lohnt. Werden Daten strategisch genutzt und gemeinsam eingeordnet, entstehen daraus konkrete Handlungsfelder – und sie können Veränderungen langfristig vorantreiben.

Wer das Webinar von Dr. Sybille Bayard verpasst hat, kann sich das Video hier ansehen. Im Vortrag stellt sie zudem zwei weitere Praxisbeispiele vor, die zeigen, wie aus Daten politische Diskussionen und Veränderungen angestossen werden konnten.